Hallo Schüler,
ich wünsche Dir viel Freude an Deiner Berufswahl. Damit das auch so wird, sehe die Ausbildung nicht durch die rosarote Brille! Deshalb hier mein kurzer Bericht aus meiner Lehrzeit.
Ich habe von 1974 -76 in einer sehr guten, aber kleinen Konditorei-Café in Ravensburg gelernt. Die reguläre Belegung bestand dort aus einem Konditormeister, einem Konditorgeselle und zwei Lehrlingen. Das Arbeitstempo war sehr hoch, zu Saisonzeiten mußten Überstunden bis zur Erschöpfung geleistet werden, Arbeitszeit war von 7:00 bis 17:00, alle zwei Wochen war Sonntagsarbeit angesagt, jeden Samstag von 8 - 12 Uhr! Im ersten Lehrjahr bekam ich 180 DM Lehrgeld, also eher Taschengeld.
Convenience-Produkte wurden nur sehr sparsam eingesetzt, kein Wunder, damals kamen diese Produkte erst neu auf den Markt. Also mußten alles, vor allem alle Zwischenprodukte wie Füllungen, Glasuren etc. selbst hergestellt werden.
Die hohe Kunst war: Improvisation und Schnelligkeit zu kombinieren. Schnell mußte es immer gehen, denn der Gast wartete im Café oder Laden auf die Torte oder das Dessert und dass es dabei auch super aussehen mußte, war eine Selbstverständlichkeit. Ein extra Lob hat man dafür nicht bekommen, wir haben uns über die gelungene Arbeit selbst gefreut. Zeit nehmen, um sich an einer Kreation zu verkünsteln, kann sich ein Konditor nicht nehmen, denn der Kunde kann das nicht bezahlen.
Rückblickend kann ich aus meiner Lehrzeit sagen: Das Wichtigste, was ich dort gelernt habe, war die schnelle und korrekte Arbeitsweise. Diese Fähigkeit war mir bisher von großem Nutzen, die Mühe der Lehrzeit hat sich allein dadurch tausendfach bezahlt gemacht.
Ach ja, der jüngste Lehrling war der Spüler, also im ersten Lehrjahr war jeden Nachmittag 2-3 Stunden spülen angesagt, dann wurde mit allen anderen zusammen die Backstube gereinigt. So habe ich auch gelernt, wie man richtig sauber macht. Ohne Witz ist auch dies eine Fähigkeit, die sehr großen Nutzen bringt, denn ohne die korrekte Pflege der Backstube und Gerätschaften, Werkzeuge kann das sehr gute Arbeitsergebnis nicht erreicht werden. Deshalb muß der Auszubildende im Bäckerei- und Konditoreihandwerk auch heute zu Beginn der Ausbildung erst einmal lernen, wie man für korrekte Hygiene sorgt.