Hallo Zimtstern,

Kurzer Einblick in meinen Werdegang.

Ich habe Baecker gelernt, nicht weil ich es wollte, sondern mehr aus der Not heraus. Wollte zuhause raus, und als Baeckerlehrling bekam man damals noch ein Zimmer gestellt. Der Arbeitsbeginn war ja sehr frueh, um 2 Uhr Morgens unter der Woche und 0 Uhr Nachts am Samstag.
Erst als ich als Lehrling viel Verantwortung bekam (Lehrbetrieb war nur der Chef, 1 Geselle und ich) wuchs so langsam das Interesse an dem Beruf. Da der Geselle verheiratet war und weiter weg wohnte, bekam ich alle Nebenarbeiten aufgebrummt. Ich wohnte ja im Haus.
Musste quasi 24 Stunden bereit sein fuer den Betrieb. Der Sauerteig musste gefuehrt werden. Das war so alle 6 Stunden musste man ihn vergroessern und veraendern, durch Roggenmehlzugabe und Wasser, mal waermer, mal kaelter, mal weicher und mal fester. Dadurch wurden die verschiedenen Saeurebakterien aktiviert, sprich Milchsaeure und Essigsaeure.
Ausserdem musste am Abend der Ofen geheizt werden, war ja noch ein Ofen wecher mit Brikett (Kohle) gefeuert wurde. Vorteige wurden gemacht und verschiedene Koerner mussten eingeweicht werden fuer die Produktion in der Nacht.
Durch diese Verantwortung, welche man hatte, wuchs das Interesse immer mehr an dem Beruf. Man hat sich identifiziert mit dem Beruf und auch mit dem Betrieb. Man war nicht einfach nur jemand der zur Arbeit kam und 8 Stunden runter riss und dann wieder nach Hause ging, und sein Privatleben genoss. Man war ein Teil des ganzen, und damit auch stolz darauf, dass durch deine Hilfe und zutun etwas Wunderbares entstand. Auch die Kunden kamen ja um dein spezielles Produkt zu kaufen.
Aus dieser Erfahrung wuchs das Interesse am Beruf und wurde langsam zur Berufung.
Leider wurde ich spaeter eines anderen belehrt
Die Struktur in den meissten Betrieben aenderte sich. Es gab Nachwuchsprobleme. Aufgrund der neuen Freizeitangebote in den 70er Jahren fuer Jugendliche (Diskotheken, Spielhallen, usw.......) waren die meissten Jugendlichen nicht mehr bereit Nachts zu arbeiten, da das Vergnuegen vorging. Die Freunde gingen ihrem Vergnuegen nach und der Baecker sollte waehrend dessen arbeiten oder schlafen.
Um trotzdem Arbeitskraefte zu bekommen wurde von den Chefs dass Niveau runtergeschraubt. Es wurde eingestellt egal welche Schulbildung oder geistigem Wachstum, nur um noch jemanden zu haben, der bereit ist in der Nacht zu arbeiten. Meisst war auch die Bezahlung niedriger als in anderen Berufen, da eben die Lebensmittelbranche weniger Gewinn abwirft als ander Branchen. Das Niveau sank rapide.
Dies erkannten die Zuliefererfirmen sehr schnell. Sie reagierten darauf mit allen moeglichen Produkten um die Produktion sicherer zu machen. Es wurde Fertigsauer angeboten, also Sauerungsmittel fuer Brot aus der Tuete, so enftiel die Herstellung des Sauerteiges, der Baecker bekam dadurch mehr Freizeit. Um aber auch die Kunden durch eine Vielzahl von Produkten wurde von der Industrie Fertigmischungen fuer Brot und Broetchen angeboten.
Sack Fertigmischung in den Kneter, Wasser und Hefe dazu und schon hatte man ein Spezialbrot, Arbeitszeit wurde gespart, Fachleute waren nicht mehr in dem Masse erforderlich, eigentlich das optimale fuer den Betriebsinhaber.
Der Kunde hat es ja auch angenommen und war begeistert.
So entstand langsam ein Bild, dass heute in den Koepfen vieler ist.
Backen ist ein Kinderspiel, kann doch jeder.
Die Industrie hat ihres dazu getan. Sie haben vollautomatische Anlagen entwickelt und die Grossbetriebe damit ausgeruestet. Dadurch entfiel der Anspruch auf Fachkraefte. Hilfsarbeiter wurden angelernt um die Maschinen zu bedienen, und nur noch ein paar Fachkraefte fuer die Teigbereitung und Qualitaetskontrolle. Dadurch wurden noch die wenigen guten Fachleute aus dem Handwerk abgeworben mit natuerlich viel hoeheren Loehnen als ein Handwerksbetrieb zahlen konnte.
Mit der Produktion durch Anlagen wurde natuerlich auch der kalkulatorische Preis zur Herstellung von Backwaren niedriger. Die Industrie hat dies natuerlich an den Endverbraucher weitergegeben. Die Preise fielen in den Keller und der Kunde ging dorthin wo er dasselbe bekommt zu niedrigerem Preis, was ja auch logisch ist.