Hallo Storch,
Umsatz
90.000 € Umsatz – schon einmal nachgerechnet wie viel davon übrig bleibt?
Von den 90.000 € Umsatz kann man gleich 7 % Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer abziehen. Verkaufst du im großen Umfang Handelswaren so werden diese mit 19 % Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer besteuert.
90.000 € Umsatz – 7 % MwSt. = 83.700 € (6300 € gehen an den Staat). So, und jetzt darfst du Anfangen (einfach nur mal so „Just for Fun“, um etwas Gefühl für die Zahlen zu bekommen) weiter zurechnen. Tagesumsatz: 300 € (bei folgenden Öffnungszeiten: 50 Wochen zu je 6 Tagen).
Einwohner
Arbeitslosenquote? Demographische Struktur in der Kleinstadt (Anteil an Rentner, Erwerbstätigen, Familien mit Kinder, Single-Haushalte)? Kaufkraft? Kaufkraftabwanderung (Wandert das Geld in die nächstgrößere Stadt ab? Es wird abwandern, die Frage ist nur wie viel)?
15.000 Einwohner : 90.000 € Umsatz (Fiktion) = 6 € Umsatz je Einwohner/Jahr
Das bedeutet: jeder Einwohner (egal ob Kleinkind, Rentner, Mann oder Frau) müsste mind. einmal im Jahr bei dir für 6 € einkaufen. Eher unwahrscheinlich! Sicherlich gibt es Menschen die kaufen zu bestimmten Anlässen auch für 20, 30 oder 50 €. Aber nicht jede Woche und auch nicht jeden Monat.
Bei der Berechnung des Umsatzes sind folgende Fragen wichtig: Wie viel Prozent der Bundesbürger kaufen wie viel Pralinen/Trüffel/Schokoladenerzeugnisse im Jahr (in EUR, Menge)? Eher handwerkliche Produkte oder Industrie-Produkte? Zu welchen Anlässen werden vermehrt Pralinen und Schokolader-Erzeugnisse gekauft?
Nicht jeder der Schokolade kauft, legt gesteigerten Wert auf handwerkliche Produkte (siehe Discounter – Dumpingpreise ab 0,29 € je Tafel). Nehmen wir einmal an, 10 % (!) der Einwohner (= 1500 Einwohner in der von dir benannten Kleinstadt) kaufen vorzugsweise handwerkliche Pralinen/Trüffel/Schokoladenerzeugnisse.
Diese 10 % müssten dann für einen Umsatz von 90.000 € sorgen. Jeder dieser Schoko-Fans müsste dann für 60 € im Jahr bei dir einkaufen (für echte Fans kein Problem ïŠ ). Aber ist diese Zahl realistisch? Trifft dieser Fall ein oder ist es mehr oder weniger ein Wunschdenken?
Personal
140 Stunden/Monat bei einem Stundenlohn (Konditoren-Tarif) von rund 10-12 € Brutto = 1400 € Monat, dazu kommen noch die Arbeitgeberanteile, Berufsgenossenschaft usw. Macht im Jahr mind. 20.000 €. Die Kraft kostet dir dann an jedem Tag des Jahres mind. 55 €, bei einem Tagesumsatz von 300 € bzw. auch an den Tagen an denen kein Umsatz (Ruhetage, Urlaub) getätigt wird!
Deine privaten Lebenshaltungskosten sind bis jetzt noch nicht berücktsichtigt!
Wie hoch ist die Produktivität eines Konditors/in? Wie viele Pralinen/Trüffel/Schokoladenerzeugnisse können je Arbeitstag hergestellt werden (in EUR, Menge)? Entstehen unproduktive Zeiten? Könnte mehr produziert werden, als verkauft wird? Ist der/die Konditor/in nicht ausgelastet?
Deine Arbeitskraft ist ja noch nicht einmal berücksichtigt. Auch auf Nebenarbeiten, wie Arbeitsvorbereitungen, Wegezeiten, Hygiene usw. gehe ich nicht weiter ein.
Gewerbemietraum/Ladenmiete
Eine mir bekannte Richtzahl besagt, dass die Miete nicht mehr als 8 bis 10 % vom Umsatz betragen soll. Rechnen wir mit 9 % = 8100 € Miete (ohne Mietnebenkosten). 8100 € : 12 = 675 € (zzgl. der schon benannten Nebenkosten), mehr darf der Laden nicht kosten.
Wie hoch ist die Ladenmiete je qm in dieser Kleinstadt? Wie viele qm bekommst du? Reichen diese aus?
Wie ist die bauliche Situation? Kann eine Produktion integriert werden (Arbeitsstätten-Verordnung, EU-Hygiene-Richtlinie)?
Übrigens: Die Miete musst du auch im Hochsommer zahlen, wenn so gut wie niemand mehr Pralinen & Co. Kauft! Das gleiche verhält sich auch mit den Lohnkosten. Für mind. 2 bis 3 Monaten wird dein Mitarbeiter nicht richtig ausgelastet sein.
All diese Vor-Überlegungen sind wichtiger, als die Frage mit welchen Geräten und Maschinen ich arbeiten muss oder welche Rezepte die tollsten sind. Dein Projekt muss sich langfristig rechnen.
Die Themen Absatzmarkt-Analyse (Konkurrenz- , Standortanalyse) und Marketing klammere ich erst einmal bewusst aus.